Frakturen im Alter
Einen kurzen Augenblick abgelenkt, eine kleine Stolperfalle in der Wohnung oder eine falsche Bewegung – ein Sturz im Alter ist schnell passiert.

Ein Interview mit Dr. Magdalene Aniol, Chefärztin der Klinik für Geriatrie, Dr. Lutz Mahlke, Chefarzt der Orthopädie St. Vincenz, und PD Dr. Marco Ezechieli, Chefarzt der Orthopädie St. Josefs
Die Häufigkeit von Knochenbrüchen (Frakturen) steigt mit zunehmendem Lebensalter an. Auch die Art der Brüche verändert sich: Zu den häufigsten Frakturen im Alter zählen Hüfte, Oberarm oder Rippen. Ein Bruch im Bereich einer Prothese kann sogar einen Wechsel des künstlichen Gelenks erzwingen. Die Chefärzte der Orthopädischen Kliniken, Dr. Lutz Mahlke und PD Dr. Marco Ezechieli, und Dr. Magdalene Aniol, Chefärztin der Klinik für Geriatrie, erklären im Interview, was die Besonderheiten während der Behandlung von Altersfrakturen sind.
Warum häufen sich Frakturen mit zunehmenden Alter?
Mahlke: Oft liegt bei älteren Menschen bereits eine Osteoporose zugrunde – die Knochen werden nach und nach poröser und brechen schneller. Gerade während der Pandemie hat die Zahl der Altersfrakturen deutlich zugenommen. Die älteren Leute sind nicht mehr so oft vor die Tür gegangen, Bewegungsangebote fielen aus oder die Physiotherapie konnte nicht stattfinden. Dadurch hat sich die Koordination verschlechtert. Durch die immer älter werdende Gesellschaft werden Altersfrakturen noch deutlich mehr werden.
Wie werden Altersfrakturen behandelt?
Ezechieli: Knochenbrüche bei Älteren sollten so versorgt werden, dass wieder eine schnelle Belastbarkeit erreicht wird. Das spricht häufig für eine Operation. Denn eine Teilbelastung oder Entlastung können ältere Patienten auf lange Sicht nicht einhalten. Schonende Narkoseverfahren und minimal-invasive OP-Techniken ermöglichen es, dass nur wenig Gewebe verletzt wird und der Blutverlust gering ist. Dank moderner Verfahren lassen sich OP-Risiken für Hochbetagte deutlich senken. Patienten im Alter von über 80 sind in der Orthopädie längst keine Seltenheit mehr. Gemeinsam mit dem Team der Geriatrie ist es uns wichtig, diese Patienten so schnell wie möglich wieder zu mobilisieren.
Seit vier Jahren besteht im St. Josefs-Krankenhaus eine Abteilung für Akutgeriatrie und Frührehabilitation. In diesem speziellen Fachbereich für „Altersmedizin“ werden Patienten, die über 70 Jahre alt sind und an alterstypischen Beschwerden leiden, optimal medizinisch, pflegerisch und therapeutisch versorgt. Auch betagte Patienten mit Altersfrakturen.
Aniol: Im Team sprechen wir uns sofort ab, wenn Hochbetagte stationär aufgenommen werden. Unser Team besteht aus speziell ausgebildeten Fachärzten und Pflegenden mit einer geriatrischen Zusatzqualifikation, Therapeuten, dem Sozialdienst und der Seelsorge, wird sehr schnell eingebunden. Denn neben der akut-medizinischen Versorgung, bestehen oft viele andere Erkrankungen: Diabetes, Herzprobleme oder es kommt zu einem Delir– ein Zustand akuter Verwirrtheit, der oft nach einer OP auftritt. In unserer Klinik bieten wir die sogenannte „Komplex-Behandlung“ an, die jedoch nicht mit einer Reha verwechselt werden darf. An jedem Behandlungstag finden Therapieeinheiten aus zwei unterschiedlichen Bereichen statt: Physiotherapie, Ergotherapie, Neuropsychologie und auch Logopädie. In einer Klinik für Allgemeine Innere Medizin gibt es diese Angebote nicht. Wir setzen uns sehr dafür ein, unsere hochbetagten Patienten so selbstständig und mobil wie möglich wieder nach Hause zu entlassen.
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