Monatsimpuls März
Von Sr. Katharina Mock, Gerneraloberin der Vincentinerinnen

Liebe Leserinnen und Leser,
herzliche Grüße sende ich Ihnen allen.
vor wenigen Tagen hat für die Christen die Fastenzeit begonnen.
Das Fasten gehört in allen Religionen zu den besonderen spirituellen Erfahrungen.
Die meisten Menschen bringen mit dem Wort Fasten den Verzicht auf bestimmte Dinge in Verbindung.
Die spirituelle Erfahrung des Fastens ist jedoch weit mehr verbunden als mit Verzicht. Das zeigt schon die Wortherkunft des Begriffs Fasten. Unsere Vorfahren verbanden mit dem Begriff des Fastens nicht den Verzicht auf etwas, sondern das Festhalten an bestimmten Dingen und das Bewahren von Wertvollem.
In der christlich definierten Zeit der 40 Fastentage vor Ostern ist sehr viel Symbolkraft enthalten.
Wenn Sie einmal genau die Zeit von Aschermittwoch bis zum Ostersonntag nachrechnen, so werden sie feststellen, dass diese Periode nicht 40 sondern 46 Tage lang ist, weil die Sonntage nicht als Fastentage zählen, denn an jedem Sonntag feiern wir die Auferstehung Jesu.
Die 40 Tage Fastenzeit erinnern daran, dass das Volk Israel nach dem Auszug aus Ägypten 40 Jahre lang durch die Wüste gezogen ist, um sich dann im Land der Verheißung niederzulassen.
Mose verbrachte 40 Tage auf dem Berg Sinai, um von Gott die zehn Gebote zu empfangen.
Der Prophet Elija wanderte 40 Tage zum Berg Horeb, um dort Gott zu begegnen und von ihm als Prophet ausgesandt zu werden.
Bei der Sintflut ließ es Gott 40 Tage und Nächte ununterbrochen auf der Erde regnen, um danach mit uns Menschen einen erneuerten Bund zu schließen. Und bevor Jesus auftrat um die Botschaft vom Reich Gottes zu verkünden, ging er 40 Tage in die Wüste, um zu fasten.
Für mich ist die Fastenzeit vergleichbar mit einem Pilgerweg.
Zweimal bin ich bisher in meinem Leben auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela gepilgert. Der Pilgerrucksack, den man auf diesem Weg mit sich nimmt, ist nur gefüllt mit den zum Überleben notwendigsten Dingen.
Beim ersten Mal hatte ich am Anfang, als unerfahrene Pilgerin, noch viele Sachen eingepackt, von denen ich mich auf dem Weg getrennt habe, weil sie sich als völlig überflüssig herausgestellt haben.
Im Verlauf des Weges habe ich dann erfahren, wie wenig man tatsächlich zum Leben braucht.
Beim Pilgern wechseln sich Zeiten ab in denen man alleine geht oder die Gesellschaft mit anderen genießt. Es kommt zu völlig unerwarteten Begegnungen. Jedes Mal habe ich auf dem Pilgerweg nicht nur sehr liebe und interessante Menschen kennengelernt, sondern auch ein Stück näher zu mir und zu Gott gefunden.
Auf dem Jakobsweg habe ich erlebt, dass sich die Pilger untereinander helfen mit dem, was sie haben. Dabei spielt die Herkunft und die Religion des Einzelnen keine Rolle. Auf dem Weg ist man mit dem anderen und für den anderen Weggefährte. Auch wenn im Pilgerrucksack nur das zum Überleben notwendigste vorhanden ist, steht der Verzicht auf Annehmlichkeiten nicht im Vordergrund. Im Gegenteil – durch das Lassen von allen überflüssigen Dingen, entwickelt sich eine Offenheit für das Wesentliche.
Ich habe Dinge wahrgenommen, die ich mit einem vollgepackten Rucksack wahrscheinlich übersehen hätte.
Zu Beginn der Fastenzeit stellt sich daher für mich die Frage, was packe ich in meinen Pilgerrucksack für die Wegstrecke zum Osterfest hinein. An was will und muss ich festhalten und auf welche Dinge, seien sie materiell oder immateriell, kann ich verzichten.
Ich wünsche Ihnen Buon Camino auf dem Weg zum Osterfest. Mit wenig Gepäck im Rucksack kommt man entspannter und leichter ans Ziel.
Ihre
Schwester M. Katharina
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