Blog St. Vincenz

Monatsimpuls März

Von Sr. M. Katharina Mock, Generaloberin der Vincentinerinnen

Liebe Leserinnen und Leser,

der März kommt und wir hoffen, dass er auch frühlinghaftes Wetter in seinem Gepäck hat.

Vor kurzem bin ich mit dem Auto von Paderborn in Richtung Bad Lippspringe gefahren. Dabei fuhr ich an einer großen Plakatwand vorbei, die meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Eine junge entspannt lächelnde Frau war darauf abgebildet und darunter stand: „Ich bete, weil so meine Seele aufatmen kann.“

Ich war verblüfft, dass in einer scheinbar doch sehr säkularisierten Welt, ein großes Plakat mit einem solchen Satz zu finden ist.

Das Gebet, das Sprechen mit Gott, ist vielen Religionen gemeinsam und keineswegs ein christliches Monopol. Viel mehr als wir Christen zeigen unsere muslimischen Schwestern und Brüder, wie wichtig ihnen das Beten ist. Christen die sich nicht zum gemeinsamen Gebet in der Kirche treffen, und die Praxis des Betens üben, ziehen sich eher ins stille Kämmerlein zurück, wo niemand sie sieht. Oft wissen auch Menschen, die das Sakrament der Taufe erhalten haben, nicht mehr wie und was sie beten sollen.

Bei den Einführungsgottesdiensten für neue Mitarbeiter, ist zu beobachten, dass vor allem junge Menschen nicht einmal mehr die Worte des wohl bekanntesten christlichen Gebetes des Vaterunser…

mitsprechen können.

Menschen beten, weil ihre Seele so Atem holen kann.
Menschen beten, weil sie dabei Gott begegnen.
Menschen beten, weil ihnen das Gebet Kraft gibt für ihren Alltag.
Menschen beten aus Sorge für andere.
Menschen beten, weil das Gebet sie frei macht…
Es gibt viele gute Gründe beten neu zu lernen, nicht nur für Christen.

Beten ist Zwiesprache mit einem persönlichen Gott, der sich allen Menschen offenbart, die sich dafür öffnen. Nicht immer werden Gebete so erhört, wie es sich der Betende vorstellt. Aber der wahrhaft Betende erfährt, dass durch das Gebet der Wille des Menschen sich öffnet und so gestärkt und geläutert werden kann, um schließlich einzufließen in den, das Gute bewirkenden, Willen Gottes.

Im Angesicht der drohenden Kriegsgefahr, die durch die Nationalsozialisten heraufbeschworen wurde,

hat der Schriftsteller Reinhold Schneider 1936 das folgende Gedicht geschrieben:

Allein den Betern kann es noch gelingen,
Das Schwert ob unsren Häuptern aufzuhalten
Und diese Welt den richtenden Gewalten
Durch ein geheiligt Leben abzuringen.


Denn Täter werden nie den Himmel zwingen:
Was sie vereinen, wird sich wieder spalten,
Was sie erneuern, über Nacht veralten,
Und was sie stiften, Not und Elend bringen.


Jetzt ist die Zeit, da sich das Heil verbirgt,
Und Menschenhochmut auf dem Markte feiert,
Indes im Dom die Beter sich verhüllen,


Bis Gott aus unsern Opfern Segen wirkt
Und in den Tiefen, die kein Aug entschleiert,
Die trockenen Brunnen sich mit Leben füllen.

Wenn wir auf unsere heutige Welt blicken, den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die inzwischen zwei Jahre andauernde Coronapandemie, den Klimawandel und die damit zusammenhängenden Naturkatastrophen, die Unterdrückung von Menschen in vielen Ländern der Erde, die vielen Flüchtlinge in der Welt, die vielen hungernden Kinder …, dann könnte man denken, Schneider habe die Welt von heute im Blick gehabt als er dieses Gedicht schrieb. Denn seine Worte sind heute genauso aktuell wie damals.

Vielleicht versuchen Sie es einfach einmal, sich für ein paar Minuten schweigend in die Kapelle zu setzen und Gott bei sich ankommen zu lassen.

Ihre

Schwester M. Katharina

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