Impuls des Monats Februar - ursprünglich gerichtet an unsere Mitarbeiter
Von Sr. M. Katharina Mock, Geschäftsführerin und Vincentinerin

„Nackte bekleiden“
Bei Nacktheit denkt man vielleicht zuallererst an unbekleidet sein. Aus der Bibel wissen wir, dass Gott den Menschen nackt erschaffen hat. So ist das nackt sein zunächst einmal nicht kritisch zu sehen.
Doch schon in der Geschichte vom Sündenfall wird sehr verständlich, wo die Problematik des Nacktseins zu finden ist. Deutlich wird hier dargestellt, dass Nacktsein mehr ist als ohne Kleidung sein. Nacktsein bedeutet im Sinne der Bibel schutzlos, ausgeliefert oder bloßgestellt sein.
Gerade im Krankenhausalltag gibt es sehr viele Situationen in denen es gilt, behutsam mit dem Nacktsein der Menschen umzugehen. Bei vielen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen ist es notwendig, dass sich Menschen ihrer Bekleidung entledigen. Hier ist es wichtig, sensibel vorzugehen, damit sich niemand „entblößt“ fühlt. Aber auch bei der ärztlichen oder pflegerischen Anamnese, bei der Befragung an der Aufnahme geben Menschen in unserem Krankenhaus manchmal sehr persönliche Dinge von sich preis. Auch in diesen Situationen kann das Barmherzige Werk „Nackte bekleiden“ plötzlich ganz brandaktuell werden.
Und auch im Umgang miteinander, vor allen Dingen wenn es darum geht mit Fehlern in der rechten Weise umzugehen, kann das Werk der Barmherzigkeit „Nackte bekleiden“ eine Form positiver Fehlerkultur sein. Denn es tut niemandem gut in aller Öffentlichkeit auf Fehler oder Schwächen hingewiesen zu werden, denn auch das ist eine Form von Bloßstellung.
Ich wünsche Ihnen für diesen Monat hin und wieder einen Gedanken daran, wo und wie Sie mit dazu beitragen können „Nackte zu bekleiden“.
Ihre Schwester M. Katharina
Hintergrund:
Am 8. Dezember 2015 hat Papst Franziskus bis zum Christkönigssonntag 2016 für die ganze Kirche ein Jahr der „Barmherzigkeit“ ausgerufen.
Die Trägergemeinschaft unseres St. Vincenz-Krankenhauses hat seit ihrer Gründung 1841 also vor genau 175 Jahren, die Bezeichnung „Barmherzige Schwestern“. Damit ist auch dem St. Vincenz-Krankenhaus als Einrichtung der Ordensgemeinschaft die Barmherzigkeit als Auftrag mit auf den Weg gegeben. Barmherzigkeit ist ein in unserem modernen Sprachgebrauch wenig vorkommendes Wort, deshalb möchte ich in diesem Jahr anhand der leiblichen und geistlichen Werke der Barmherzigkeit in meinen monatlichen Kurzmeditationen versuchen, dieses Wort ein wenig für den Alltag im Krankenhaus zu erschließen. Es geht um die Frage, wie wir alle im Krankenhausalltag Barmherzigkeit jeden Tag leben und für unsere Patienten erlebbar machen können.
Schwester M. Mediatrix hat in ganz verdichteter Form eine Zusammenfassung all dessen formuliert, was das Wort Barmherzigkeit beinhaltet. Auch diese kurze gelungene Definition von Barmherzigkeit soll Sie durch dieses Jahr begleiten:
„Barmherzigkeit meint mehr als ein vages Mitgefühl, mehr als ein flüchtiges Berührtsein.
Barmherzigkeit ist eine Kraft des Herzens, die sich ganz dem anderen zuwendet, sie ist voller Aufmerksamkeit im Sehen, Hören und Verstehen.
Barmherzigkeit bildet einen Raum der Geborgenheit, in dem Schwaches erstarken, Verletztes heilen und Leben sich entfalten kann.
Barmherzigkeit zeigt sich in einer nimmermüden Vergebungsbereitschaft und im unerschütterlichen Glauben an das Gute.
(Schwester M. Mediatrix Altefrohne)
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