Blog St. Vincenz

"Kinästhetik-Kurse" an unseren Pflegeschulen

Barbara Gruber-Grewe, Lehrerin der Krankenpflegeschule des St. Vincenz-Krankenhauses, über die Grundkurse "Kinästhetik in der Pflege" und "Kinästhetik Infant Handling"

Mitte der 90er Jahre kam ich während eines Workshops in Düsseldorf zum ersten Mal mit der Kinästhetik in Kontakt. Ich war sofort fasziniert davon. Kinästhetik steht für „Bewegung in Harmonie“ und stellt damit eine Bewegungslehre dar, die Bewegungen für Patienten leichter und schmerzfreier macht und gleichzeitig den Rücken der Pflegekräfte schont. Viele Pflegende waren genauso davon begeistert wie ich, sodass sich die Kinästhetik und das dazugehörige Infant Handling zügig als Pflegekonzept etablierten.

Inzwischen ist unser gesamtes Lehrerteam mit Grundkursen in Kinästhetik fortgebildet. Seit Anfang 2000 erhalten bei uns alle Auszubildenden der Kinderkrankenpflegeschule einen 3-tägigen Infant Handling Grundkurs mit Zertifikat. Durch Erschaffung des Bildungsreferates 2005 ergab sich die Möglichkeit, dieses Kursangebot mit Zertifikat auch für die Krankenpflegeschulen zu etablieren. Ich bin stolz, dass wir somit für unsere Auszubildenden die Kinästhetik in einer Qualität anbieten, die über unseren Ausbildungsauftrag hinausgeht. Das Zertifikat, das jede/r Schüler/in am Ende des Kurses erhält, ist in jedem Falle hilfreich bei Bewerbungen, weil es eine zusätzlich erworbene Berufskompetenz darstellt. Zudem sind sie durch die Kurse, ergänzt durch Vertiefungen in der theoretischen und praktischen Ausbildung, gut gerüstet für die praktischen Abschlussprüfungen.


Vom 17.-19. März war es wieder soweit:
Tische und Stühle wurden an die Seite gerückt und auf dem Boden Decken ausgebreitet, denn die Kinästhetik lehrt: „Der Boden ist Dein Freund!“ Außerdem entsteht so eine andere, sehr intensive Lernatmosphäre. Am Ende des Kurses fiel das Resümee der Teilnehmer wieder einmal sehr positiv aus: Unsere Schüler fanden den Kurs „super“, „total gut“ und „hilfreich“. Sie schätzten die veränderte Lernsituation, die vielen praktischen Bewegungs-Selbsterfahrungen und die zahlreichen Praxistipps.

Nach dem Kurs brennen unsere Auszubildenden regelmäßig darauf, das Gelernte in der nächsten Praxisphase anzuwenden. Mir fällt oft auf, dass viele Schüler nach dem Kurs bewusster und individueller an die Patientenmobilisation herangehen. Sie übernehmen nicht mehr einfach unreflektiert die üblichen Routinetechniken. Dabei handelt es sich oft um „Hau-Ruck-Methoden“, die dem Patienten keine Möglichkeiten bieten, seine eigenen Fähigkeiten einzubringen und nicht seinem Bewegungsmuster entsprechen. „Hau-Ruck“ kann man bewegungstechnisch mit Springen gleichsetzen, was nicht die geeignete Fortbewegungsart für z.B. ältere pflegebedürftige Menschen ist. Durch den Kurs wird der Blick für die Patientenfähigkeiten und altersspezifischen Bewegungsmuster geschärft. So verstehen die Schüler nach dem Kurs, dass sie älteren Menschen kräftesparende „Schritt-für-Schritt-Bewegungen“ anbieten sollten und keine „Hau-Ruck-Methoden“.

Über die positive Resonanz auf die Kurse freue ich mich jedes Mal sehr, da meine Begeisterung für die Kinästhetik seit den 90ern ungebrochen besteht.


Hintergrund
Die Begründer der Kinästhetik sind Dr. Frank Hatch und Dr. Lenny Maietta. Kinästhetik stellt eine Bewegungslehre dar. Schon seit 1980 wurden dazu Kurse für jedermann in der Schweiz durchgeführt. Prof. Christel Bienstein, Uni Witten / Herdecke, holte das Konzept 1987 nach Deutschland und motivierte die Begründer, es auf die Pflege zu beziehen. Dadurch entstanden u.a. die Programme „Kinästhetik in der Pflege“ für Erwachsene und „Kinästhetik Infant Handling“ für Kinder. Mit Hilfe der Kinästhetikkonzepte können Pflegekräfte Aktivitäten wie Atmen, Essen, Aufstehen oder Gehen analysieren und eine individuelle Unterstützung von Menschen gewährleisten. Dies geschieht unabhängig vom Alter und vom Umfang der Bewegungseinschränkung bzw. der noch zu entwickelnden Bewegungsfähigkeit.

Weitere Informationen zur Kinästhetik gibt es z. B. unter www.kinaesthetics.de.
Pflegekräfte in der Kinderklinik haben darüber hinaus die Möglichkeit Frau Landschütz (Schulleitung der Kinderkrankenpflegeschule und Trainerin für Kinästhetik Infant Handling) bei Praxisfragen zu kontaktieren.


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